Mittwoch, 26. Februar 2014

SOTSCHI 2014 
Wie schnitten UdSSR, DDR, Jugoslawien & Co. ab? 

Wie auch nach den Spielen 2012 in London habe ich den Retro-89-Medaillenspiegel der abgelaufenen Olympischen Spiele berechnet.

Der Sieg beim Gold-, Silber- und Bronze-Zählen geht – wenig überraschend – an die Sowjetunion. Bereits in der Real-Version von Sotschi lagen ja die russischen Lokalmatadore vorne. Rechnet man nun noch die Medaillen aus Weißrussland, Lettland und Kasachstan hinzu, können sie fast doppelt so viel Edelmetall feiern wie die zweitplatzierten Norweger.

Die untergegangene Tschechoslowakei kommt auf einen kumulierten zwölften, der ehemalige Vielvölkerstaat Jugoslawien auf den 15. Rang.

Und die beiden deutschen Ex-Teilstaaten? Während in London BRD und DDR fast identisch ins Ziel gingen, klafft nun eine große Lücke. Der Westen ist auf die Medaillen des Ostens kaum angewiesen.

Ist das ein allgemeiner und bedenklicher Trend im 25. Jahr nach dem Mauerfall? Oder gibt es rein sportliche Gründe, weil durch die hohen Lagen vor allem in Bayern die Wintersportbedingungen dort naturgemäß besser sind?


Natürlich ist das Ganze ein absurdes Szenario – politisch inkorrekt darüberhinaus. Dennoch ist diese Auflistung für Statistik-Füchse sicherlich von Interesse. Der oben verlinkte Blog-Beitrag von 2012 bringt mir bis heute die meisten Google-Besucher.

Noch einige Hintergründe:

1. U.d.S.S.R. & Co. dürften niemals so viele Sportler pro Disziplin an den Start bringen wie die damaligen Teilstaaten heute zusammen. Allein deshalb ist die Summe nicht wirklich realistisch.

2. BRD- und DDR-Ergebnisse habe ich nach dem jeweiligen Geburtsort des Medaillengewinners gezählt. Bei Mannschaften war die Mehrheit ausschlaggebend. So erklärt sich auch das geteilte Bronze, errungen in der Langlauf-Staffel der Damen. Jeweils zwei Athletinnen sind im alten und im mittlerweile nicht mehr ganz so neuen Bundesgebiet geboren. Berliner gingen heuer leer aus; was eine Zuordnung zwischen Ost- und Westteil der Stadt obsolet machte. Aljona Savchenko ist in der Ukraine geboren, ihren Anteil am Bronze im Paar-Eiskunstlauf habe ich daher dem Osten zugeschlagen.

3. Für die Medaillenvergabe nicht relevant waren andere, seit 1989 neu entstandene Staaten wie Eritrea oder Ost-Timor (wegen Nichtteilnahme) oder der Wechsel Hongkongs von Großbritannien nach China.


tl;dr: Die Sowjetunion triumphiert bei den Winterspielen in Sotschi. BRD-Sportler holen dreimal so viel Gold wie Klassenfeinde aus der DDR. Der Medaillenspiegel, wenn es 1989 nicht gegeben hätte.


Montag, 24. Februar 2014

SOTSCHI 2014 
Medaillenspiegel verkehrt: Welches Land wurde wie oft Letzter? 

Die Schweiz auf 6, Deutschland auf 10, Österreich
auf 19 – wenn's nach letzten Plätzen in Sotschi geht. 
Dabei sein ist alles. Dieses ur-olympische Motto habe ich mir zum Vorbild genommen für den verkehrten Medaillenspiegel der gerade zu Ende gegangenen XXII. Olympischen Winterspiele in Sotschi.

Vielfach wird die Konzentration der medialen Berichterstattung auf Gold, Silber und Bronze kritisiert. Ich habe mir die Mühe gemacht, all die Sportlern mit einem eigenen Medaillenspiegel zu ehren, die in ihrem jeweiligen Wettbewerb Letzter geworden sind.


Dies zu berechnen, war gar nicht so einfach. Deshalb nun ein paar Hinweise, wie sich die links stehende Tabelle zusammensetzt.

Nicht immer ist der letzte Platz so eindeutig erkennbar wie bspw. im Skisprung der Frauen. Da sprang die Japanerin Yurina Yamada am kürzesten der dreißig angetretenen Sportlerinnen. Dafür bekommt Japan einen Eintrag in der dritten Spalte und einen ganzen Punkt, in der ausschlaggebenden vierten Spalte.

In vielen Disziplinen teilen sich mehrere Sportler die rote Laterne. Den extremsten Wert gab es beim Slalom der Männer. Dort fädelten im 1. Durchgang 38 Alpinisten ein und wurden von mir somit auf den letzten Platz gesetzt. Für ihr jeweiliges Land gab es somit einen Punkt in Spalte eins, aber nur 0,026 Pünktchen in der zweiten Spalte.

Angemeldete, aber nicht gestartete Sportler habe ich grundsätzlich nicht mitgezählt. Das gilt auch für des Doping überführte Athleten. Nicht ins Ziel gekommene Sportler habe ich auf den letzten Platz gesetzt. Natürlich zählten auch Vorrunde oder Qualifikationen. Bei Disziplinen mit Gruppenphasen zählte die jeweils schlechteste Bilanz der frühzeitig ausgeschiendenen Teams oder Athleten.

Die Bilanz zeigt: Insgesamt 59 verschiedene Länder belegten bei den 98 Entscheidungen den oder einen der letzten Plätze. Medaillen gewannen dagegen nur 26 Staaten.

Dass Japan, Südkorea und Estland (!) die Wertung anführen, hat mich ziemlich überrascht. Ich war eigentlich davon ausgegangen, dass die Länder, die die meisten Athleten stellen, auch sehr häufig hinten in den Ergebnislisten zu finden sein werden. Doch diese Staaten  also die USA auf Platz vier vor Kanada, Russland auf Rang acht und Deutschland auf dem zehnten Platz – schnitten ganz gut ab.

Vor allem das Ergebnis von Estland ist bemerkenswert. Der kleine Balten-Staat gewann in Sotschi nicht eine Medaille, kam aber sieben Mal auf den letzten Platz.

Dagegen sind die Bilanzen von Norwegen und der Niederlande fast makellos. 26 bzw. 24 Medaillen stehen nur jeweils drei letzte Ränge gegenüber.

Deutschland wurde achtmal Letzter. Das hält sich noch in Grenzen – die Medaillenausbeute mit achtmal Gold, sechsmal Silber und einmal Bronze dummerweise aber auch.

Bei Olympia Letzter zu sein, ist meiner Meinung nach überhaupt nicht schlimm. Das Erleben der Eröffnungs- und Schlussfeier, die Atmosphäre im olympischen Dorf und die Möglichkeit, gerade auch als Letzter Geschichte zu schreiben, müssen einmalig sein. Wer erinnert sich nicht gerne an Eddy the Eagle oder an Eric Moussambani, den bemitleidenswerten Schwimmer bei Olympia 2000 in Sydney, der auf seiner Strecke fast unterging? Dabei sein ist alles!


tl;dr: Der Medaillenspiegel der Verlierer: Japan, Südkorea und Estland belegten am häufigsten den letzten Platz in Sotschi. Deutschland mit durchschnittlicher Bilanz.


Donnerstag, 6. Februar 2014


Bei Google gibt es die umstrittene Funktion der automatischen Vervollständigung von Suchbegriffen. Ex-Bundespräsidenten-Ex-Gattin Bettina Wulff kann davon ein Lied singen.

Den genauen Algorithmus, der hinter der Vervollständigung steckt, gibt Google leider nicht bekannt. Ganz sicher spielt aber die Häufigkeit der Suchanfragen eine Rolle. Sonst hätte das Ding wenig Sinn.

Diese Häufigkeit gibt einen interessanten Einblick in die Vorurteile und den Wissensstand der Google-Nutzer über allerhand Themen. Spannend sind Vergleiche, wie der jetzt folgende: Was denken die Google-Nutzer über unsere Bundesländer?

Baden-Württemberg
Dass die Baden-Württemberger alles können, bis auf Hochdeutsch, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Deshalb wohl der spitze-Eintrag. Was allerdings § 41 abs. 2 straßengesetz mit dem Bundesland zu tun hat, sollte vielleicht mal jemand … ähm … googeln.

Bayern
Beste Eigenwerbung. Wahrscheinlich gibt es ganze Abteilungen der Tourismus-Marketing-Agentur des Freistaates, die nichts anderes tun als jeden Tag massenhaft positiv besetzte Begriffe einzugeben. Oder stimmt das alles?

Berlin
berlin ist zu groß für berlin – Wer tippt denn solchen Blödsinn? vegan passt schon gut, Hipster wäre noch ein Vorschlag von mir. dorfkneipe – nun ja.

Brandenburg
Negative Einträge gibt es bei einigen Bundesländern. Komisch, dass Brandenburg nicht dagegen vorgeht, mit rechtsextemen ponyhöfen in einen Topf geworfen zu werden.

Bremen
Widersprüchlich sind die Begriffe zur Freien Hansestadt. Und dass bremen die hauptstadt von … ist, weiß doch jedes Kind!

Hamburg
Hier leiden HSV-Fans. Der Traditionsverein, der aktuell auf einem Bundesliga-Abstiegsplatz steht, muss allerhand Spott ertragen. Auch bei Google. Hier haben sich Anhänger von Werder Bremen (grün-weiß) und St. Pauli (braun-weiß) ein Denkmal gesetzt.

Hessen
Sehr nüchtern geht es im Hessen-Land zu. Oder gab es zuhauf Zweifel am demokratischen und parlamentarischen Wesen des einstigen Roland-Koch-Landes?

Mecklenburg-Vorpommern
Ähnlich wie Baden-Württemberg ist an der Ostseeküste allein schon die Nennung des Bundeslandes ein Statement: mecklenburg-vorpommern ist.

Niedersachsen
Nur Bahnhof verstehe ich bei den Niedersachsen. Gab es da mal Kinofilme?

Nordrhein-Westfalen
Die Finanzmisere des größten Bundeslandes scheint viele zu elektrisieren. Wo sonst wird der Name eines Haushaltsministers so oft gesucht. Und viele fragen sich, ob nicht doch Düsseldorf NRW-hauptstadt ist.

Rheinland-Pfalz
Knaller! In Rheinland-Pfalz scheint es ausgereifte Pläne zu geben, endlich Schluss mit verregneten Tagen zu machen. Rheinland-Pfalz21 sozusagen.

Saarland
Fakt vs. Frage: Noch ist der aktuelle Status des kleinsten Flächenlandes offenbar umstritten. Nur der Thrill-Faktor könnte etwas höher sein.

Sachsen
Mehr Fragezeichen als Antworten bieten die Sachsen. mehlsack? geprägt von räumlicher disparität? Geht es nicht eine Spur simpler?

Sachsen-Anhalt
Im Jahr 25 des Mauerfalls verschieben sich die Grenzen. Wunderbar! Das niedriglohnland und zentrum der angst hat imagemäßig aber noch Potenzial nach oben.

Schleswig-Holstein
Ganz im Norden wird massenhaft um dennis h. aus owschlag getrauert. Ist sein Ableben Schuld daran, dass Schleswig-Holstein schlusslicht ist? Allerdings ist mir nicht ganz ersichtlich, wie man auf ein Schlusslicht aufholen kann, bremen?

Thüringen
Den Abschluss unserer kleinen Bundesland-Reise bildet Thüringen. Das Land scheint ja mächtig angesagt und damit eine reise wert zu sein.


Kennst du andere lustige oder informative Autovervollständigungen? Oder hast du selbst schon einen Vergleich angestellt? Lass es mich uns wissen. Ab in die Kommentare damit!


Dienstag, 4. Februar 2014

SPORTAUSSCHUSS 

Der Saal des Sportausschusses im Paul-Löbe-Haus. So leer ist es nur in Sitzungspausen.

[Vorbemerkung: Ähnlich unbeliebt wie mit dem folgenden Text macht man sich wohl nur, wenn man niedlichen Koala-Babys die Eukalyptusblätter klaut. Es muss jetzt aber sein.]


Im Deutschen Bundestag haben sich gerade die Fachausschüsse gebildet. Diskussionen gab es eigentlich nur um die Frage, ob Journalisten bei Sitzungen im Sportausschuss anwesend sein dürfen. Alle anderen Ausschüsse (bis auf der für Europafragen) tagen grundsätzlich nichtöffentlich. D.h. nur die Politiker, ihre Mitarbeiter, das Ausschusssekretariat und geladene Experten sind anwesend.


Nichtöffentlich hieß übrigens noch nie, dass man nichts Internes mitbekommt. Wird über Skandale oder Personalien debattiert, finden sich immer schnell Oppositionspolitiker oder profilierungssüchtige Regierungsvertreter, die konkrete Informationen an die interessierte Öffentlichkeit durchstechen. Das war nie anders und wird es auch nie sein.


Durch meine Arbeit im Bundestag bin ich ab und zu bei Ausschusssitzungen dabei. Und da passiert manchmal Eigenartiges. Während in den Debatten im Reichstag eigentlich immer Regierungs- und Oppositionsfraktionen gegeneinander argumentieren, ist das in den Ausschüssen oft nicht der Fall.


Hier wird oft von allen Seiten ernsthaft um die beste Lösung gerungen. Mal loben Minderheitenvertreter die Regierungsvorschläge, dafür nehmen diese dankbar Ideen der anderen auf. Ein abweichendes Votum von der eigenen Parteilinie? Im Ausschuss fast alltäglich. Politik, wie sie sich die Bürger wünschen. Sobald aber Journalisten dabei sind, fallen alle die meisten der Politiker wieder in ihre angestammten Rollen zurück. Öffentlich einen Vorschlag der anderen Seite gutheißen? Klingt zwar sympathisch, ist aber weltfremd. Da spielt die Parteifarbe keine Rolle.


Nichtöffentliche Sitzungen haben also auch ihre Vorteile. Das hat nicht zuletzt sogar die Piratenpartei erkennen müssen. Bläst denen der Wind ordentlich ins Gesicht, versuchen die obersten Transparenz-Verfechter auch mal Journalisten vom Parteitag auszuschließen. Kurz nach Einzug in die Länderparlamente verabschiedeten sich die Piraten schnell davon, alle Fraktionstagungen im Netz zu streamen. Weil sie etwas zu verheimlichen haben? Nein. Es gibt einfach Dinge, die bespricht man besser und offener unter sich.


Der Sportausschuss hat sich nun also entschieden, weiterhin geheim zu tagen. So hatte er es, bis auf in den Jahren 2005 bis 2011, immer getan. Selbst die Unions-Vertreter wollen aber davon so oft wie möglich Ausnahmen machen. Kann man auch gut und sinnvoll finden.


[NachbemerkungÖffentlichkeit und Transparenz ist nicht immer dasselbe.]



tl;dr: Der Sportausschuss im Deutschen Bundestag tagt weiterhin geheim. Warum eine offene Debatte einer öffentlichen überlegen sein kann.