Donnerstag, 24. Juli 2014

FOURSQUARE 

Letzter Halt: Sonnenuntergang
am Pariser Platz.
»Um Druck von mir und meinen Freunden zu nehmen, trete ich hiermit als Bürgermeister zurück – und zwar 47 Mal.«
— ich, grad eben

Was für Nicht-Technik-Affine bescheuert klingen mag muss, hat einen ernsten Hintergrund. Ich habe mich soeben bei Foursquare gelöscht.

Foursquare war eine grandiose Smartphone-App, die – mehr als jede andere – Freunde spontan zusammenbrachte, mich in unbekannte Geschäfte und Bars lockte sowie den menschlichen Spieltrieb befriedigte. Die Betonung liegt auf: war. Irgendwelche Entwickler-Deppen fingen vor wenigen Wochen an, die Nutzer zu gängeln und permanent mit grandiosen neuen Ideen zu nerven. Die Aufteilung eines erfolgreichen Social-Media-Angebotes auf zwei Apps versteht kaum einer meiner Freunde.

Ich als Nutzer eines kostenlosen Angebotes habe natürlich keine Rechte die ich nun irgendwo einklagen könnte. Bezahlt habe ich mit meinen Daten. Jeder, der wollte, konnte anhand meiner Check-Ins ein aussagekräftiges Bewegungsprofil erstellen. Wenn diese App jetzt aber nicht nur meine Daten sammelt, sondern mir den Spieltrieb nimmt, mich viel Zeit kostet den ganzen Reform-Prozess zu verstehen oder zumindest nachzuvollziehen (und diesen Blogpost zu schreiben), dann kann ich als Kunde nur eines tun: Kündigen.

Sollte Foursquare den Mist wieder rückgängig machen, die neuen Apps sich auf einmal aufgrund des öffentlichen Drucks (auf eine Gratis-App wohlgemerkt; schöne neue Welt!) wieder in die richtige Richtung entwickeln, komme ich gerne wieder zurück. Aber vorläufig hat das keinen Sinn mehr.

Ein kurzer Blick noch zurück in die Statistik-Tools des Dienstes: Ich hatte insgesamt 6.177 Check-Ins an Plätzen, Cafés, Regierungsgebäuden, Bars, Büros, Länder & Kommunen (meine Top 6). 89 Freunde hatte ich auf dieser Plattform (davon sogar eine erstmals über Foursquare kennen gelernt), 11 Freundschaftsanfragen hatte ich ignoriert. 49 Badges (eine Art Pokale für besondere Check-Ins) konnte ich mir virtuell anpinnen. 301 Fotos zu Check-Ins lud ich hoch. Und bis eben hielt ich 47 Mayorships (am häufigsten an einem Ort in den letzten 60 Tagen eingecheckt).

Danke Foursquare, für viele tolle Begegnungen und Momente.
Danke Foursquare, für die bescheuertste Social-Media-Katastrophe.

Nachtrag vom 28. Juli 2014: Selten wurde ein Blogpost von mir in den sozialen Netzwerken und in der Offline-Welt so kontrovers diskutiert wie dieser. Viele loben meine Konsequenz, etlichen musste ich meine Beweggründe noch einmal in aller Ausführlichkeit darlegen (Kurzversion: Ich bin mit der neuen App unzufrieden. Wenn das Angebot nicht mehr stimmt, bezahle ich die App-Macher nicht mehr mit meinen Daten. Darum Löschung.). Natürlich verstehe ich auch andere Meinungen. Tabea Wilke hat die sehr gut auf den Punkt gebracht. Auch Daniel Rehn will Swarm/Foursquare noch nicht abschreiben. Ich freue mich auf weiteren, spannenden Input!

tl;dr: Ich habe mich soeben beim standortbezogenen sozialen Netzwerk Foursquare gelöscht. Die Gängelung durch die Macher haben die einst großartige App ruiniert.


Mittwoch, 16. Juli 2014

ZDF-DESASTER 

„Hallo Deutschland“, jemand zu Hause? (Screenshot)
Am Montag, 14. Juli 2014, flimmerte um genau 17:21 Uhr ein Kleinod künstlerischer Phantasie über unsere weltmeisterlichen TV-Bildschirme. (Das Ganze zum Nachgucken in der ZDF-Mediathek.)

Wahrscheinlich können wir die Ausmaße dieses Meisterwerks heute noch gar nicht in Gänze begreifen. Unseren Nachfahren wird es obliegen, diese brillante Sternstunde distanzierter öffentlich-rechtlicher Berichterstattung ausreichend zu würdigen.

Dieser Blogpost soll dafür sorgen, dass diese 2:31 Minuten aus dem Zwei-Finger-Sender nie vergessen werden.

Zunächst die schnöde Transkription:
Constanze Polaschek: Fünfzigtausend Fans in der Arena. Alle fiebern mit. Und plötzlich! 
O-Ton TV-Kommentator: Er kommt an. Mach ihn, mach ihn, er macht ihn. 
Constanze Polaschek: Jetzt gibt’s kein Halten mehr. Und ich bin mittendrin. 
O-Ton TV-Kommentator: Mario Götze. Das ist doch Wahnsinn. Jetzt ist es vollbracht. Jaaaa! Weltmeister!
Constanze Polaschek: Haben wir gewonnen? Haben wir gewonnen? Haben wir gewonnen?
Interviewpartner: Weltmeister! Jaaaaaa! Weltmeister! Jaaaaaa! Jaaaaaa! Weltmeister! 
Constanze Polaschek: Jaaaaaa! Wir sind Weltmeister! Was mache ich hier eigentlich? Ich muss neutral berichten, ich bin ZDF. Ach was. Jaaaaaa! 
Interviewpartner: Wir sind Weltmeister! 
Gesang: We are the champions. No time for losers. 
Constanze Polaschek: Wer hat denn das Tor geschossen? 
Interviewpartner: Natürlich, hier. 
Constanze Polaschek: Nee, Götze. 
Gesang: 'Cause we are the champions. 
Constanze Polaschek: Kann ich mal bitte einen der Verantwortlichen vom ZDF sprechen? Wer hat mich heute hier hingeschickt? Das ist echt der allerletzte Scheiß-Job. 
Interviewpartner: Endlich haben wir es geschafft. Deutschland ihr seid super.
Constanze Polaschek: Wer wird 2018 Weltmeister? 
Interviewpartner: Deutschlaaaaaaaand. Deutschlaaaaaaaand. Wer sonst? Wer sonst? Was ist denn das für eine Frage? 
Constanze Polaschek: Ich habe dich akustisch nicht verstanden. 
Interviewpartner: Was für ne Frage?! 
Constanze Polaschek: Und so wird gefeiert bis in den Morgen. Hilfeeee! 13. Juli 2014, Deutschland ist Fußball-Weltmeister und ganz ehrlich: Ich glaube nicht, dass jemals wieder normales Leben in Deutschland möglich sein wird. Ihr entschuldigt mich.

Mal eben kurz auf das Diktiergerät meines Handys gesprochen, klingt das übrigens so:



UND DAS VON UNSEREN GEBÜHREN RUNDFUNKBEITRÄGEN!

Wie man kostbare WM-Sendezeit, zumindest anders, füllen kann, beweist der Sportsender ESPN aus den traditionell fußballverrückten USA. Film ab!




tl;dr: Eine Sternstunde distanzierter öffentlich-rechtlicher Berichterstattung. Das ZDF im Deutschland-Taumel. Eine Transkription und ein großartiges Gegenbeispiel aus den USA.