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Dienstag, 20. Dezember 2016

BREITSCHEIDPLATZ, 19. DEZEMBER 2016 

Wenn einer dem Terror trotzen kann, dann
Berlin, Sehnsuchtsort so vieler Menschen.
Diese Ideologie-Idiotie, die gestern Abend den Breitscheidplatz als Bühne missbrauchte um ihre Unmenschlichkeit zu zelebrieren, hat sich den falschen Gegner ausgesucht: Berlin.

Berlin ist nicht bloß eine Stadt. Berlin ist ein Versprechen. Ein Versprechen auf eine bessere Zukunft. Berlin ist Sehnsuchtsort für Junge und Kreative, für Verfolgte und Diskriminierte, für Träumer und Spinner.

In den letzten zwei, drei Jahren habe ich hier Menschen aus wohl allen anderen Bundesländern sowie Afghanistan, China, Griechenland, Israel, Italien, Niederlande, Nigeria, Norwegen, Russland, Schweden, Singapur, Ungarn, USA und Vietnam (plus wahrscheinlich noch ein paar mehr) kennen gelernt, die ich nicht missen möchte. Sie alle hatten unterschiedlichste Gründe, ihre Heimat zu verlassen. Aber eines haben alle gemeinsam. Ziel ihrer Reise war Berlin.

Unmenschen wie Adolf Hitler haben die Stadt immer verachtet. Im „roten Berlin“ konnten die Nazis bei freien Wahlen nie eine Mehrheit erringen. Nicht zuletzt darum fühlte sich Hitler hier nie heimisch. So war er beispielsweise bis zu seinem Ende polizeilich in München gemeldet. (Und nein, dies lag nicht daran, dass er auf die Schnelle keinen Termin beim Bürgeramt bekam.)

Auch die DDR-Führungsclique um Erich Honecker zog es vor, sich lieber in Wandlitz vor dem gemeinen Volk zu verstecken. Vor den Toren der „Hauptstadt der DDR“ konnten Erich & Co. in aller Abgeschiedenheit ihren sozialistischen Biedermeier genießen.

In den Augen von islamistischen Steinzeitterroristen – aber auch in denen von rechtsnationalistischen Pegidas – muss das heutige Berlin wie eine blanke Provokation wirken. Freie Liebe und billige Drogen, laute Musik und lange Hipsterbärte, Start-Upperinnen und schwule Daddys, Israelis knutschende Palästinenser und muslimische CDU-Parlamentarier – im Zweifel von allem lieber mehr als zu wenig.

Trotz Weltkriege, Zerstörung und Teilung hat Berlin sich nie aufgegeben. Dieser spezielle Atem, dieser Lebensrhythmus der Stadt folgt einem ganz eigenen Takt. Den lassen wir Berliner uns – egal ob Eingeborene oder aus JWDistan Zugereiste – nicht so einfach nehmen.

Wir haben unsere eigenen Waffen: Schnauze und Herz. Und wir haben Heimvorteil, wa?!


tl;dr: Wir Berliner lassen uns unser Leben nicht nehmen – vor allem nicht von Terroristen.

Dienstag, 4. Februar 2014

SPORTAUSSCHUSS 

Der Saal des Sportausschusses im Paul-Löbe-Haus. So leer ist es nur in Sitzungspausen.

[Vorbemerkung: Ähnlich unbeliebt wie mit dem folgenden Text macht man sich wohl nur, wenn man niedlichen Koala-Babys die Eukalyptusblätter klaut. Es muss jetzt aber sein.]


Im Deutschen Bundestag haben sich gerade die Fachausschüsse gebildet. Diskussionen gab es eigentlich nur um die Frage, ob Journalisten bei Sitzungen im Sportausschuss anwesend sein dürfen. Alle anderen Ausschüsse (bis auf der für Europafragen) tagen grundsätzlich nichtöffentlich. D.h. nur die Politiker, ihre Mitarbeiter, das Ausschusssekretariat und geladene Experten sind anwesend.


Nichtöffentlich hieß übrigens noch nie, dass man nichts Internes mitbekommt. Wird über Skandale oder Personalien debattiert, finden sich immer schnell Oppositionspolitiker oder profilierungssüchtige Regierungsvertreter, die konkrete Informationen an die interessierte Öffentlichkeit durchstechen. Das war nie anders und wird es auch nie sein.


Durch meine Arbeit im Bundestag bin ich ab und zu bei Ausschusssitzungen dabei. Und da passiert manchmal Eigenartiges. Während in den Debatten im Reichstag eigentlich immer Regierungs- und Oppositionsfraktionen gegeneinander argumentieren, ist das in den Ausschüssen oft nicht der Fall.


Hier wird oft von allen Seiten ernsthaft um die beste Lösung gerungen. Mal loben Minderheitenvertreter die Regierungsvorschläge, dafür nehmen diese dankbar Ideen der anderen auf. Ein abweichendes Votum von der eigenen Parteilinie? Im Ausschuss fast alltäglich. Politik, wie sie sich die Bürger wünschen. Sobald aber Journalisten dabei sind, fallen alle die meisten der Politiker wieder in ihre angestammten Rollen zurück. Öffentlich einen Vorschlag der anderen Seite gutheißen? Klingt zwar sympathisch, ist aber weltfremd. Da spielt die Parteifarbe keine Rolle.


Nichtöffentliche Sitzungen haben also auch ihre Vorteile. Das hat nicht zuletzt sogar die Piratenpartei erkennen müssen. Bläst denen der Wind ordentlich ins Gesicht, versuchen die obersten Transparenz-Verfechter auch mal Journalisten vom Parteitag auszuschließen. Kurz nach Einzug in die Länderparlamente verabschiedeten sich die Piraten schnell davon, alle Fraktionstagungen im Netz zu streamen. Weil sie etwas zu verheimlichen haben? Nein. Es gibt einfach Dinge, die bespricht man besser und offener unter sich.


Der Sportausschuss hat sich nun also entschieden, weiterhin geheim zu tagen. So hatte er es, bis auf in den Jahren 2005 bis 2011, immer getan. Selbst die Unions-Vertreter wollen aber davon so oft wie möglich Ausnahmen machen. Kann man auch gut und sinnvoll finden.


[NachbemerkungÖffentlichkeit und Transparenz ist nicht immer dasselbe.]



tl;dr: Der Sportausschuss im Deutschen Bundestag tagt weiterhin geheim. Warum eine offene Debatte einer öffentlichen überlegen sein kann.


Montag, 30. September 2013


Scheitert Kraft am Terminkalender?
(Foto: hannelore-kraft.de) 
Seit Tagen pokert die SPD um den Eintritt in die Bundesregierung. Die Fronten zwischen den Befürwortern der Optionen Regierung oder Opposition verlaufen quer durch alle bekannten Lager innerhalb der Sozialdemokratie.

Eigentlich lassen sich beide Positionen nur durch eines unterscheiden: Die, die die innerparteiliche Macht haben, sind für eine Regierungsbeteiligung. Die, die noch abwarten können, wollen lieber opponieren.

Vor allem Sigmar Gabriel und „Dr. Frank-Walter Steinmeier trommeln für den Kabinettstisch – im Wissen um ihre letzte Karrierechance. Schaffen sie es jetzt nicht in die Regierung, werden sie im SPD-Personaltableau 2017 wohl keine führende Rolle mehr einnehmen.

NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und andere etwas jüngere Landespolitiker streben in die Opposition. Sie haben einfach Angst, dass nach einer Neuauflage der Großen Koalition ihre Partei ähnlich wie 2009 vom Wähler abgestraft wird. Für sie wäre dann ein Sprung nach Berlin nicht wirklich lukrativ.

So sind die ganzen Geplänkel um r2g (also Rot-Rot-Grün), den Mitgliederentscheid, die Anzahl der Ministerposten, mögliche Steuererhöhungen etc. eigentlich nur Stellvertreterkriege um die innerparteiliche Macht. In den nächsten Tage und Wochen leicht für uns alle zu beobachten.

Hannelore Kraft hat dabei ein grundsätzliches Problem. Alle Welt erwartet, dass sie 2017 gute Chancen auf die Kanzlerkandidatur hat. Wären da nicht die Wahltermine. Die nächste reguläre Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen steht im Mai 2017 an. Nur vier Monate später sind dann alle Bürger aufgerufen, den Bundestag neu zu wählen.

Und das ist das Dilemma der Hannelore Kraft. Sie kann im SPD-internen Rennen um die K-Frage nicht erst einen möglicherweise fulminanten NRW-Wahlsieg abwarten und sich dann als Kandidatin ausrufen lassen. So hatte es Gerhard Schröder 1998 überaus erfolgreich gemacht. Allerdings fand seine Niedersachsen-Wahl auch schon am 1. März statt. Dass die SPD im Jahr 2017 bis zum Mai mit ihrer Nominierung wartet, ist schlicht unmöglich.

Es gibt also nur wenige Optionen – und alle sind für sie brandgefährlich:

Erstens: Kraft wird frühzeitig Kanzlerkandidatin und tritt als Landesmutter zurück. Sie gibt damit ihrem Nachfolger die Chance, sich mit Amtsbonus im Mai 2017 zu bewerben. Gefahr: Allzu durchsichtiges taktisches Manöver. Ob das gut bei den Wählern ankommt? Norbert Röttgen kann ein Liedchen davon trällern.

Zweitens: Kraft wird Kanzlerkandidatin, regiert bis zum Wahltermin in NRW, tritt dort aber nicht mehr an. Das würde ein skurriler Wahlkampf. Der neue Spitzenkandidat der NRW-SPD könnte sich kaum profilieren, würde nur als Statthalter von Krafts Gnaden in Erscheinung treten. Ein mieses Ergebnis an Rhein und Ruhr könnte sogar den bundesweiten Wahlkampf einen negativen Drive geben.

Drittens: Kraft kandidiert trotz Kanzlerkandidatur noch einmal in NRW. Wähler, die Hannelore Kraft als Ministerpräsidentin behalten wollen, dürften sie dann bei der anschließenden Bundestagswahl nicht mehr wählen, weil sie sonst ja nach Berlin geht.

Nordrhein-Westfalen ist als größtes Bundes- und Stammland der Sozialdemokratie zu wichtig für personaltaktische Spielereien. Die verbieten sich, wenn die beiden Wahltermine so eng beieinander liegen. Darum muss Hannelore Kraft aus ihrer Sicht also für eine Entzerrung des Wahlkalenders kämpfen.

Und das geht am besten mit Störfeuer Richtung Berlin. Haben wir in drei bis sechs Monaten Neuwahlen, verschiebt sich damit natürlich auch die Bundestagswahl von September 2017 entsprechend. Dann hätte Kraft in vier Jahren genug Zeit, um den Schröder zu machen. Honi soit qui mal y pense.


tl;dr: Der Streit um eine Regierungsbeteiligung der SPD ist vor allem ein innerparteilicher Machtkampf. Hannelore Kraft setzt dabei auf Neuwahlen. Weil sie sonst 2017 wenig Chancen hat. Eine Analyse.


Mittwoch, 17. April 2013

FRAUENQUOTE 

Showpolitik par excellence.
(Quelle: SPD-Kampagne)
Ich bin für Gleichberechtigung. Und ich habe grundsätzlich nichts gegen die Einführung einer Frauenquote. Was allerdings am Donnerstag im Bundestag debattiert wird und – noch schlimmer – wie in den Medien darüber berichtet wird, macht mich fassungslos.

Zu den Fakten: Es geht um rund 3.600 Vorstände und Aufsichtsräte der deutschen Top-Konzerne. Damit bezieht sich die rot-grüne Gesetzesinitiative auf gerade einmal 0,009 Prozent aller Jobs in Deutschland.

Ich bin mir sicher: Dieses Gesetz wird bahnbrechend sein. Ab Freitag werden wir damit Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern in unserem Land hergestellt haben. Fast alle Frauen, die ich persönlich kenne, planen ihre bisherigen Jobs umgehend zu kündigen und sich um eine gut dotierte Anstellung beim örtlichen DAX-Konzern zu bewerben ...

Natürlich sind die angesetzten namentlichen Abstimmungen der Oppositionsfraktionen gutes parlamentarisches Recht. Und taktisch zu versuchen, die Regierungsmehrheit zu sprengen, gehört zum kleinen Einmaleins der Politik. Geschenkt, zumal in einem Wahljahr. Nicht in Ordnung ist es aber, wenn die Medien diesem Schauspiel auf den Leim gehen und nirgendwo klar und deutlich sagen, was dieses Gesetz bewirken würde: Faktisch für 99,991 Prozent der Deutschen nichts.

Ich behaupte sogar, dass diese Debatte ein Rückschritt im Bemühen zu mehr Gleichberechtigung ist. Wir streiten uns nun ein paar Tage aufgeregt um wenige Elitejobs. Damit rücken andere, viel wichtigere Punkte dieser Debatte in den Hintergrund. Ist es nicht vielmehr so, dass die Vereinbarkeit und Familie und Beruf, der schleppende Ausbau der Kinderbetreuungsmöglichkeiten, die noch real existierenden Einkommensunterschiede bei gleicher Leistung, et cetera die viel größeren Übel sind?

Der Kampf um diese Frauenquote ist Symbolpolitik par excellence. Rot-Grün legt sich mit einer klitzekleinen unbeliebten Gruppe an, in der sie sich eh kaum Wählerstimmen verspricht. Ehrlich wäre es, eine breit angelegte Frauenquote in allen Bereichen zu fordern – also auch bei den obersten Behörden, bei den Professorenstellen in den Universitäten, den Parteien oder den Chefredaktionen. Aber dies verlangen weder Steinbrück noch Gabriel, weder Steinmeier noch Trittin. Mit der eigenen, Rot-Grün eher zugeneigten Klientel, will man es sich dann lieber doch nicht verscherzen.

Wie gesagt: Ich kann mit einer breiten Frauenquote gut leben. Diese Initiative ist jedoch Blödsinn. Genauso gut könnte man ein Gesetz für besseres Wetter oder kürzere Schlangen an den Supermarktkassen einbringen. Bringt zwar ebenfalls nix, ist aber ein total schönes Zeichen.


tl;dr: Das Gesetz zur Einführung einer Frauenquote ist reine Showpolitik und lenkt von den wichtigen Problemen ab. Die Medien fallen drauf rein.